Präsidentin Rosi Wohlgemuth im Kurzinterview:

Ich sehe mich als wertschätzende Vernetzerin

Beat Marrer hat es angekündigt: Seit letzten Herbst ist es dem Vorstand klar, dass Rosi Wohlgemuth das Präsidium der suissetec Nordwestschweiz übernehmen möchte. Nun ist sie an der GV 2022 erfolgreich gewählt worden. Im Kurzinterview freut sie sich besonders auf den Austausch. Aber lesen Sie selbst.

Rosi Wohlgemuth, du bist die erste Sektionspräsidentin der suissetec.
(lacht) Das stimmt. Obwohl wir eine der modernsten Branchen sind, bin ich die erste Frau, die das Präsidium einer Sektion der suissetec übernimmt.

Was wird sich verändern?
Ich bin seit vier Jahren im Vorstand des suissetec Nordwestschweiz tätig. Wer mein Vorstellungsportrait gelesen hat, weiss, dass ich den Begriff «Quoten-Frau» nicht mag. Trotzdem bin ich mir bewusst, dass der weibliche Führungsstil teilweise andere Qualitäten mit sich bringt. Ich möchte aktiv vernetzen und vor allem den Kontakt zu den Mitgliedern noch stärker fördern. Besonders freue ich mich auf den Austausch, denn ich verhandle gerne und suche das direkte Gespräch.

Das klingt motiviert. Auf welche Themen möchtest du dich fokussieren?
Ja, ich bin wirklich motiviert. Ich muss aber auch aufpassen, dass ich nicht übermotiviert ins Amt gehe. Wir machen einen Schritt nach dem andern. Als erstes möchte ich die Kommunikationskultur im Verband fördern. Die Mitglieder sollen mit ihren Sorgen oder Ideen zu mir kommen. Nur so können wir gemeinsam Lösungen finden. Ich bin keine «Schönrednerin». Ich möchte unsere Mitglieder auffordern, für ihr Recht oder ihr Anliegen zu kämpfen. Ich möchte aber auch keinen Sturm im Wasserglas auslösen. Es geht mir in erster Linie um den Austausch und um Wertschätzung.

Du legst also besonderen Wert auf die Kommunikation?
Tatsächlich sehe ich hier grosses Potenzial. Wenn ich zum Beispiel auf die Geschäftsstelle gehe, dann besuche ich jeweils auch die Werkstatt. Die Gespräche mit den Schulungsleitern sind für mich wichtig, denn sie sind unser Gesicht bei den Lernenden. Ihre Arbeit wird gegen aussen wahrgenommen. Alle unsere Mitarbeiter sind Botschafter nach aussen. Im Verband genauso wie im Betrieb. Wenn wir die Unternehmenskultur mit Herzblut vorleben und den Menschen hinter den Arbeitnehmer:innen sehen, dann gibt das ein Gefühl der Wertschätzung. Unsere Schulungsleiter machen einen so grossartigen Job, dass sie fast nie krank sind und sogar mit Gipsverband noch organisieren, dass ihre Kurse funktionieren. Ist das nicht beispielhaft?

Und trotzdem liegt einer der ganz grossen Herausforderung ebenfalls beim Nachwuchs. Wie gehst du mit dem Thema Fachkräftemangel um?
Ich bin zwar keine gelernte Gebäudetechnikerin, aber ich habe Erfahrungen im Bildungswesen. Nach meiner Erstausbildung zur Damenschneiderin habe ich das Lehrer-Seminar besucht. Ich habe das Fach «Werken» unterrichtet und sehe mich selbst als Tüftlerin. Gleichzeitig bin ich Mutter drei jugendlicher Kinder. Bildungsanliegen sind mir somit sehr nah. In Solothurn gibt es zum Beispiel die TUN. Sie ist quasi ein Forschungslabor und eine Erfinderwerkstatt für Schüler:innen. Hier setzen wir auch mit unseren Tüftlernachmittagen an. Ich bin der Meinung, dass wir noch stärker fördern könnten. Unsere Berufssparten sind schon lange nicht mehr ihrem Image entsprechend. Die Herausforderungen der modernen Gebäudetechnik sind für Schüler:innen, die mitdenken wollen. Auch die Lohnchancen sind teilweise attraktiver als im Bankensektor.

Welche Themen brennen dir sonst noch unter den Nägeln?
Ich möchte bei vielen Themen einfach genau hinsehen. Es geht um die Basis und darum, in einer pragmatischen «Milchbüchleinrechnung» das Präsentierte zu hinterfragen. Hier zeigt sich mein Faible für Zahlen. Ich bin zudem keine, die die Faust im Sack macht und schweigt. Ich möchte, dass wir die Zusammenarbeit fördern. So wie das auch auf dem Bau besser funktioniert. Ich bin eine Vernetzerin, denn wenn die Prozesse reibungslos funktionieren, läuft alles besser. Und das sogar branchenübergreifend. Auch dafür möchte ich mich einsetzen.

Vielen Dank fürs offene Gespräch und viel Erfolg in deinem neuen Amt als Präsidentin der suissetec Nordwestschweiz.